18. Dezember 2015

18. Dezember 2015

Meine Weihnachtskrippe

 

Ihr Lieben!

Heute ist mein Geburtstag und ich kann es nicht erwarten euch mein ganz besonderes Geschenk zu zeigen! Unsere Weihnachtskrippe! Im Jahr 2011 hat meine Mutter die Holzschnitzwerkstätte Sievers-Hahn im niedersächsischen Dorf Brockel besucht. Ich war damals Studentin in Mannheim. Ihre Erzählung von ihrem Besuch (siehe unten) und die Figuren haben mich von Anfang an unglaublich fasziniert und seitdem nicht mehr losgelassen. Immer wieder habe ich mir während der Lernphasen für meine BWL-Prüfungen zwischendurch eine kleine Auszeit genommen und mich auf der Homepage durch die Figuren geklickt. Es war mein größter Traum einmal solch eine Krippe zu besitzen! Jede einzelne Figur ist mit solch einer Hingabe handgeschnitzt und liebevoll bemalt, dass es ihr eine unglaubliche Ausstrahlung verleiht. Kleine Kraftgeber sind diese Krippenfiguren für mich. In diesem Jahr habe ich geheiratet und mir gedacht, jetzt ist der richtige Zeitpunkt gekommen! Ich habe mir also ein großes Geburtstagsgeschenk gemacht und die Krippenfiguren von Sievers-Hahn sind in unser Haus eingekehrt! Sie werden uns von nun an für immer begleiten. Der Verkündigungsengel ist von Ostheimer, den Krippenstall habe ich übrigens hier gefunden. Auf dem Weihnachtsmarkt habe ich außerdem noch zwei Krippenleuchten und einen weißen Herrnhuter Stern entdeckt. Sie leuchten für die Figuren, wenn es draußen dunkel wird.

Habt ihr auch eine Krippe Zuhause, die ihr jedes Jahr aufbaut? Welche Erinnerungen verbindet ihr mit eurer Krippe?

Alles Liebe, Eure Theresa

 

 

 

 

 

Heidehirten

(Text von Lucia Baumgärtner)

 

Seit über 80 Jahren werden in dem kleinen norddeutschen Dorf Brockel Krippenfiguren aus Lindenholz geschnitzt und bemalt – sie sind das Lebenswerk der Künstlerin Lotte Sievers-Hahn

 

 

Auf der Suche nach handgeschnitzten Krippenfiguren drängen sich unweigerlich Bilder von Schnitzwerkstätten in den Bergen auf. Der Wegweiser zeigt ganz deutlich nach Tirol, der Heimat von Holzdrechslern und Meisterschnitzern seit Jahrhunderten. Dort wird in still verschneiten Alpentälern noch das alte Handwerk der Schnitzkunst lebendig gehalten. Bärtige Männer an grob gezimmerten Werkbänken stellt man sich vor, die mit geschickten Händen an Heiligenstatuen, Kruzifixen und Krippenfiguren arbeiten.

Die Holzschnitz- und Spielzeugwerkstatt von Lotte Sievers-Hahn passt nicht in dieses nostalgisch verklärte Bild. Weit im Norden, im niedersächsischen Dorf Brockel, gibt es weder Tal noch Berg. Topfeben ist es in den Niederungen des Flusses Wümme.

Kältedunstige Nebel liegen an diesem späten Herbsttag über der weiten Landschaft. Am Straßenrand bieten Bauernhöfe Heidekartoffeln und Eier zum Verkauf an. Der Betrieb von Lotte Sievers-Hahn mag in diesem bäuerlichen Umfeld überraschen, aber er gehört seit der Gründung im Jahre 1929 hierher.

Gerd Sievers, der Sohn der Firmengründerin, bittet im Ausstellungsraum zum Tee und um Gehör. Heiß dampft es aus russischen Lomonossow-Tassen. Der Gast ist geneigt aufzuspringen und die vielen Holzfiguren in den Glasvitrinen in beinahe kindlicher Verzückung zu betrachten. Nur kurz eine der Kasperlfiguren über die Hand stülpen und für einen nostalgischen Moment eintauchen in längst vergessene Fantasiegeschichten aus der Kinderzeit.

Die einsetzende Stimme von Gerd Sievers beendet das gedankliche Puppentheater. Lächelnd beginnt er die Geschichte seiner Mutter zu erzählen, Lottes Geschichte. Eine Biografie, die für viele Anekdoten und für eine Menge Geschichten gut ist.

Nach der Überwindung einiger Hürden sei sie 1927 als erste Frau an der Spielwarenschule Grünhainichen im Erzgebirge aufgenommen worden. „Unter dem damaligen Professor Seifert lernte sie zeichnen, drechseln und schnitzen“, ergänzt er und breitet gleichzeitig einen Stapel vergilbter Blätter mit Tierstudien auf dem Tisch aus. Diese frühen Zeichnungen der Künstlerin dokumentieren zweifellos eine große Begabung.

Bei einer weiteren Tasse Tee berichtet Sievers noch dies und das den künstlerischen Werdegang seiner Mutter betreffend. Schildert den schnellen Weg in die Selbstständigkeit, beschreibt die ersten zaghaften Kundenkontakte in Hamburg und die Reisen zur Spielzeugwarenmesse nach Nürnberg. Es sei ihr stets ein Ruf vorausgeeilt, nur beste handwerkliche Qualität zu liefern. Überall, wo sie auftauchte, konnte sie auf eine positive Resonanz und noch viel wichtiger, auf gute Aufträge hoffen.

Auf die Frage nach dem typischen Stil ihrer Figuren antwortet er beim Hinausgehen ins angrenzende Holzlager: „Schlicht sind sie, sehr schlicht, aber das macht sie so unverwechselbar schön!“

Lotte Sievers-Hahn war bis ins hohe Alter für die Manufaktur tätig. Ihr künstlerisches Erbe sind die Originalentwürfe in den Archiven, nach denen bis heute etwa 400 Figuren produziert werden.

Die Tweedjacke zuknöpfend geht Gerd Sievers schnellen Schrittes über den Hof, um mit beiden Händen ein schweres Holztor polternd beiseite zu schieben. Weiches Herbstlicht fällt in den hohen Raum und ermöglicht einen Blick auf die hölzerne Schatzkammer des Betriebes.

Vom Boden bis zur Decke lagert hier das Holz. Nicht irgendein Holz. Es ist das Holz von der Sommer- und der Winterlinde, der begehrte Werkstoff der Schnitzer, Drechsler und Bildhauer. Aus dem weichen Holz mit der feinen Maserung lassen sich Meisterwerke schaffen.

„Vier Jahre lang muss der norddeutsche Wind durch die Bretter hindurch pfeifen. Erst danach ist es in der Werkstatt zu gebrauchen“, erklärt er und versetzt dem Tor einen kräftigen Stoß, um es zu schließen.

Draußen bricht rosastichig die Dämmerung herein, drinnen in der Werkstatt sorgen helle Neonröhren für ausreichend Licht. Es riecht intensiv nach einer Mischung aus Holz, Farben und Leim.

Heike Simritzky ist Schnitzerin. Schon als junges Mädchen ist sie in die Fußstapfen ihrer Mutter und ihrer Tante getreten, die ebenfalls dieses alte Handwerk über viele Jahre ausübten. „Von meiner Tante habe ich das Schnitzen der Tiere übernommen. Sie war es, die mir alles beigebracht hat“, sagt die 49-Jährige.

Vor ihr auf einem Tisch liegen grob maschinell ausgesägte Holzrohlinge und eine Auswahl an verschiedenen Schnitzmessern. Der Boden unter ihren Füßen ist voller Späne und widerspiegelt die Tagesarbeit ihrer kräftigen Hände. Aus festem Leder ist der Schutz, den sie über den Daumen zieht. Aber die Messer sind scharf und trotz aller Erfahrungen und Vorsichtsmaßnahmen gehören kleine Verletzungen zum Arbeitsalltag dazu.

Heute schnitzt sie junge Lämmer für die Krippe. Auf die Frage, worauf es denn beim Schnitzhandwerk ankäme, antwortet sie prompt: „Geduld ist wichtig und das genau dosierte Einsetzen von Kraft!“ Wer die Handwerkerin eine Weile beobachtet, wie zielgerichtet sie die Kerbungen an den richtigen Stellen des Holzes setzt, versteht, was sie damit meint. Hier stimmt die Dosis!

Die ungewohnte Aufmerksamkeit, die ihr durch die Gäste zuteilwird, macht sie ein wenig verlegen. Aber es bereitet ihr auch Spaß, die Arbeitstechnik den staunenden Laien zu erklären: „Für jeden Arbeitsvorgang brauche ich ein anderes Messer. Hier zum Beispiel für die winzigen Ohren des Schafes muss ich ein besonders spitzes verwenden.“

Sie vertieft sich erneut in ihre präzise Arbeit. Nach einer halben Stunde ist aus dem Rohling ein graziles Schaf geworden. Noch ein letzter prüfender Blick und schon greift sie nach dem nächsten zu bearbeitenden Holzstück.

Nur noch zwei Schnitzerinnen arbeiten in dem niedersächsischen Betrieb. Für das klassische Handwerk, das sehr viel künstlerisches Geschick erfordert, begeistern sich nur noch wenige junge Leute aus der niedersächsischen Region. Es fehlt dringend an Nachwuchs.

Unmittelbar nach der Wende reiste Gerd Sievers in Richtung Osten. Die traditionellen hölzernen Lichterengel und Bergmänner vor Augen suchte er nach den Meistern der althergebrachten Volksschnitzkunst. Heute wären die vielen Aufträge vor Weihnachten ohne die Zulieferungen der Schnitzer aus Thüringen, dem Erzgebirge und der Slowakei nicht zu bewältigen.

Den Veränderungen des heimischen Arbeitsmarktes Rechnung tragend und um ein Überleben des Familienbetriebes in Brockel zu garantieren, gründete Gerd Sievers vor zehn Jahren eine Tochterfirma im Nordwesten der Slowakei. „Die slowakische Dependance war ein wichtiger Schritt in die Zukunft. Es ist kaum zu glauben, aber dort gibt es noch 100 Schnitzschulen“, berichtet der grauhaarige Firmenchef begeistert. In Žilina sind heute 44 Mitarbeiter für die Schnitzwerkstatt Lotte Sievers-Hahn beschäftigt. Das Motorengeräusch der Dekupiersägen ist in Brockel längst verstummt, das Sägen der Rohlinge übernehmen heute die slowakischen Kollegen.

Zum Niederknien schön sind die Krippenfiguren, die Hatice Göz   in der norddeutschen Manufaktur bemalt. Nach einem stets wiederkehrenden Ritual mischt sie den Blauton für das Gewand der Jungfrau Maria. Die Farbe muss so beschaffen sein, dass die Holzmaserung noch leicht durchschimmert.

„Ich vermische Pariser Blau mit etwas Titanweiß und Schwarz, füge noch etwas Leinfirnis und nur wenig Terpentinöl hinzu“, kommentiert die Malerin ihre soeben fertiggestellte Mischung. Scheinbar traumwandlerisch trifft sie genau die richtige Farbnuance. Auch die perfekte Viskosität, d.h. das Maß für die Zähflüssigkeit der Farbe, gelingt ihr auf Anhieb.

Ihre große Lehrmeisterin war die frühere Malerin des Betriebes Ruth Beier. Diese war fest davon überzeugt, dass die junge talentierte Mitarbeiterin eine würdige Nachfolgerin sein werde. Und sie sollte Recht behalten. Die charmante Hatice Göz avancierte zu den Besten ihrer Zunft. Mit einer Leichtigkeit führt sie den Pinsel aus feinstem Marderhaar über das Lindenholz. „Kunsthaarpinsel taugen nicht viel, nur die Haare vom Baummarder und vom Rotfuchs sind zum Malen wirklich gut“, erklärt sie.

Nicht zu viel Rouge und nicht zu wenig, wieder ist ein Mariengesicht in der Maske. Entscheidend für die Ausdruckskraft jeder Figur sind die Augen und der Mund. Die müssen besonders präzise gemalt werden und verzeihen nicht das kleinste Zittern der Hand.

Der Aufmarsch der Könige ist sehenswert. In den Regalen des Ateliers wartet die versammelte Mannschaft darauf, in leuchtende Roben gehüllt zu werden. Ob Caspar, Melchior oder Balthasar, die Hoheiten aus dem Morgenland müssen vor dem Fest noch rechtzeitig fertigwerden. Die Dienerschaft kann sich bereits sehen lassen und auch die Kamele, die in den Pappkartons dicht nebeneinander liegen, sind schon reisefertig.

Dem Drängen einiger Kunden nachgebend gibt es seit ein paar Jahren auch eine schwangere Maria im Sortiment. Sie trägt ein rotes Gewand und kann auf einen Esel gesetzt werden. „Viele unserer Kunden beginnen bereits im Advent mit dem Aufstellen der ersten Figuren. Sie haben einfach Freude daran, die Weihnachtsgeschichte figürlich nachzuerzählen“, erläutert Gerd Sievers.

Die Tradition, an Weihnachten eine Krippe darzustellen, kann auf eine sehr lange Geschichte zurückblicken. Schon im Jahre 1291 soll in der Basilika „Santa Maria Maggiore“ in Rom eine Krippe gezeigt worden sein. Vom katholisch geprägten Italien und Spanien ausgehend verbreitete sich das Krippenbrauchtum schnell nördlich der Alpen. Zuerst in den Kirchen, danach in den Häusern der Adligen und schließlich hielten die Figuren auch in den Bürgerhäusern Einzug.

„Immer am zweiten Sonntag im Advent stieg der Vater auf den Dachboden und brachte die große Schachtel mit dem Krippenzeug herunter.“ So beginnt eine der schönsten Weihnachtsgeschichten von Karl Heinrich Waggerl.

Die Figuren, die kurz vor dem Fest aus dem Seidenpapier gewickelt werden, unterliegen keinem modischen Diktat. Oft werden sie von einer Generation zur nächsten weitergegeben. Vielleicht fehlt dem Hirten schon der Stab, oder ein humpelndes Schaf muss gestützt werden. Wie auch immer ihr Zustand ist, sie gehören zum Weihnachtsfest dazu.

Das Festhalten an solchen Reminiszenzen mag in einer modernen, hoch beschleunigten Gesellschaft erstaunen. Doch gerade in den Zeiten einer digitalisierten Welt entwickeln diese althergebrachten Dinge in ihrer Einfachheit eine große Anziehungskraft, werden zur Projektionsfläche von längst Verlorengeglaubtem.

Gerd Sievers ist überzeugt, dass das Krippenbrauchtum als fester Bestandteil der klassischen Weihnacht auch in Zukunft gepflegt werden wird. Wer als Kind eine Krippe unter dem festlich geschmückten Weihnachtsbaum vorgefunden hat, wird sie später auch als Erwachsener nicht missen wollen.

Rasant verändert hat sich dagegen die Produktion von klassischem Spielzeug. Handgeschnitzte Kasperlpuppen und hölzerne Spielfiguren für das Puppenhaus sind nur noch in geringen Stückzahlen zu verkaufen. In den Kinderzimmern der Gegenwart dominiert heute eher die elektronische Moderne.

Die Zeit der Engel ist noch nicht vorbei. Im Gegenteil, an Weihnachten haben Himmelsboten Hochkonjunktur. Aus der Schneiderei ist das gleichmäßige Surren der Nähmaschine zu hören. Beim Betreten des hell ausgeleuchteten, zweckmäßigen Raumes erfasst den Betrachter ein ungläubiges Staunen: Die dargebotene Szenerie erinnert an eine Werkstatt aus weihnachtlichen Kinderbüchern. Ganze Scharen aus Holzengeln, die akkurat hintereinander stehen, werden hier in weiße, märchenhafte Filzgewänder gehüllt. Das goldene Engelshaar, das Ursula Schumann gerade aufgeklebt hat, kommt aus Italien. Die Fabrik in Deutschland, die über Jahrzehnte die schimmernden Fadenstränge geliefert hatte, musste aufgeben. Die klassischen Westfalenstoffe, aus denen die Gewänder geschneidert werden, stammen aus Münster. Mit liebevoller Hingabe staffiert die Schneiderin jeden Engel prächtig aus: Perlenschmuck für das Haar, Goldquasten und Glitzerbordüren für das Kleid.

„70 Prozent aller Engel, die als himmlische Boten unsere Werkstatt verlassen, sind übrigens blond“, erzählt Ursula Schumann lachend, “aber finden Sie nicht auch die dunkelhäutigen mit den schwarzen Haaren besonders attraktiv?“ Ja, sie sind ungewöhnlich schön.

Im Versandlager herrscht von Oktober bis Mitte Dezember Hochbetrieb. Wie aus einem alten Apothekerschrank werden Holzschubladen auf- und zugezogen. Was wie zufällig aussieht, ist gezielt platziert. Hinter der Artikelnummer 2230 verbergen sich die Hirten, die den Schäfern der Lüneburger Heide nachempfunden sind. Eine Etage tiefer schlummern die dazugehörigen Hirtenhunde.

Waltraud Hoffmann geht die Bestelllisten durch und stellt die gewünschten Figuren zusammen. Bevor alles sorgfältig in braune Kartons gepackt wird, gibt es für jede einzelne Figur noch eine letzte Qualitätskontrolle. „Bei diesem Engel sind die Füße nicht bemalt“, ruft sie einer Mitarbeiterin zu und tauscht ihn gleichzeitig aus. Im Handumdrehen sind die Pakete versandfertig. Jetzt kann die weite Reise zu den weihnachtlichen Stuben in ganz Europa, Kanada und Japan losgehen.

Gerd Sievers fühlt sich besonders den Sammlern unter seinen Kunden sehr  verpflichtet. Deshalb wird das Sortiment in jedem Jahr um eine oder zwei Figuren erweitert. Im letzten Jahr war es ein Pilger mit Hut, der die Sammlerherzen höher schlagen ließ. In diesem Jahr werden es ein römischer Soldat und eine fressende Kuh sein.

Übersprudelnde herzliche Briefe aus dem In- und Ausland erreichen die niedersächsische Werkstatt und diese Anerkennung beflügelt die Krippenschnitzer aus Brockel nicht nur in der Weihnachtszeit.

 

www.sievers-hahn-shop.de

 

 

 

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